Krasser Scheiß: Rechenzentrum

Deutsche Namen für deutsche Elektrobands mit internationalem Ruf haben ja eine gewisse Tradition, denkt man nur an Kraftwerk, Neu! oder La Düsseldorf. Kürzlich bin ich im ZEIT-Blog »Tonträger« in der heftig empfehlenswerten Rubrik »Über die Jahre – Alte platten neu gehört« über Rechenzentrum’s wegweisende John-Peel-Session gestolpert und hängengeblieben. Wahlweise wird das ganze als »Minimal Techno« oder auch mal »Intelligent Dance Music« bezeichnet. Jedenfalls: Prima Zeug und krasser Scheiß, wie man heute wohl sagt. Auf meinem mp3-Player funktioniert das hervorragend als »Soundtrack für Städte«. Augmented reality, sozusagen.

Und noch ein winziger Hinweis in eigener Sache: Meine Amazon-Wunschliste ist aktuell und natürlich wünsch ich mir auch was von Rechenzentrum.

Mehr: http://myspace.com/Rechenzentrum

Hurra, ein Schalttag!

Heute ist Schalttag! Ein Geschenk des Himmels, mehr oder weniger sogar im wahrsten Sinn des Wortes.

Ursprünglich hatte ich vor, den diesjährigen Schalttag ganz dem öffentlichen Dienst am Volke zu widmen, aber leider bin ich krankgeschrieben. Muss ich also den Tag für mich selbst nutzen.

Was tun? Ich denke, ich werde gleich einen Plattenladen stürmen und das erste mal seit sehr langer Zeit wieder schon am Erscheinungstag ganz fix nach einer CD greifen: Nick Caves »Dig!!! Lazarus Dig!!!«.

Marching Bands

Vor knapp 20 Jahren hat MTV ein ganz altes Konzertformat neu erfunden: »Unplugged«. Der Erfolg war durchschlagend und Meilensteine der Popgeschichte sind entstanden. Meine Favourites: Björk, Nirvana (natürlich!) und last but not least die Fanta 4 in der Tropfsteinhöhle.

Jetzt hat die Blogothèque sich 2006 angeschickt ein vielleicht noch älteres Konzertformat zu neuem Leben zu erwecken: Marching Bands (Les concerts a emporter)

Meine Highlights:

1. Animal Collective: http://www.blogotheque.net/article.php3?id_article=3880

2. Arcade Fire Neon Bible/Wake Up: http://www.blogotheque.net/article.php3?id_article=2867 (3-4 Minuten warten, bis sie im Aufzug sind… Seufz! – und dann: dabeibleiben! Wake up! Kann mir bitte mal IRGENDJEMAND erklären, wieso ich letztes Jahr dann doch nicht zum Konzert nach Köln gefahren bin? Gnurf..)

3. Architecture in Helsinki: http://www.blogotheque.net/article.php3?id_article=3275

4. Beirut – Nantes: http://www.blogotheque.net/article.php3?id_article=3445 (Überdies die zweitinnovativste aller Balkanwellenbands. Hurray!)

Und all die anderen sind auch sehenswert! Der nächste, der sich bei mir über sinkende Qualität bei MTV und Viva beschwert, kriegt die Blogothèque um die Ohren gehauen…

Ich bin doch blöd

Normalerweise bin ich mit Jamendo und meinem emusic-Abo rundum glücklich und bekomme für gar kein bis sehr wenig Geld ganz legal sehr gute Musik ohne Kopierschutzverkrüppelungen. Ab und an gibt es dann aber doch die eine oder andere CD, die auf diesen Wegen nicht zu kriegen ist, aber unbedingt in meinem Regal, auf meinem MP3-Player und auf meiner Festplatte landen soll.

Heute habe ich mich in fester Kaufabsicht in CD-Abteilungen und Plattenläden auf die Suche nach gleich drei konkreten CDs gemacht. Ich hoffe, zum letzten Mal, denn der Handel mit physikalischen Tonträgern in Einzelhandelsgeschäften hat ausschließlich Nachteile.

Zuallererst sind CD-Abteilungen aus unerfindlichen Gründen unfassbar bescheuert sortiert. Warum stehen die Einstürzenden Neubauten bei »Alternative«, Jens Friebe aber bei »Deutsch-Pop«? Woher wissen die Plattensortierer so unfehlbar, dass etwas genau in die Jazz-, Pop- oder Klassikabteilung gehört? Gehört deutscher Rock zu »Deutsch« oder »Rock« oder ist es »Independent« oder sogar schon »Heavy Metal«? Und warum muss ich sicherheitshalber noch im Neuheitenregal, im Angebotsregal am Eingang, im Angebotsregal hinten rechts, im Angebotsregal in der Mitte und in allen sieben Sonderaktionsständern nachgucken? Verkäufer zu fragen ist eh sinnlos, wenn es nichts aus den aktuellen Charts sein soll.

Die durchschnittliche Suchzeit für eine CD kann so leicht bei einer halben Stunde liegen. Ergebnis meist: Nicht da. »Wir können Ihnen das gerne bestellen.« Danke, kann ich selbst. Denn sonst müsste ich ja nochmal hinlaufen, was eh schon mindestens eine halbe Stunde verschlingt. Also zusammengerechnet: Ich soll eine ganze Stunde meiner Zeit aufbringen, um eine CD kaufen dürfen zu wollen, die es dann gar nicht gibt.

Damit ist dann auch der einzige Vorteil hin, den so ein Laden gegenüber dem Versandhandel haben könnte: Ich könnte das begehrte Stück sofort in der Hand halten und noch unterwegs in den MP3-Player schieben zu Hause gleich rippen und auf den Player überspielen. Bei Amazon und Konsorten warte ich ein bis zwei Tage, spare aber Zeit, kann Preise vergleichen und noch mehr oder minder interessante Rezensionen anderer lesen, statt auf einen Verkäufer zu treffen.

Überhaupt: Die Preise sind unverschämt. Witzigerweise kostet heutzutage eine Soundtrack-CD oft mehr als die dazugehörige Film-DVD mit Dolby-Surround-Mehrfachtonspur. Saturn wollte 17,95€ für die aktuelle Neubauten-CD verlangen, bei jpc waren’s genauso wie bei Amazon 14,95€. Musicload nimmt für die MP3-Version 11,95€. 3€ für die Hülle und für’s Nicht-Selbst-Brennen-, dafür aber Rippen-Müssen? (Immerhin ist die CD nicht kopiergeschützt.) Das kommt mir irgendwie so gerade noch vertretbar vor. Wie Volker Strübing in einem Beitrag über den empfehlenswerten Konrad Endler schreibt, scheint die professionell bedruckte Hülle den Leuten tatsächlich das Geld aus der Tasche zu ziehen, oder umgekehrt: Wo keine tolle Hülle, da kein ordentlicher Wert.

Ich vermisse die Hülle in der Regel nicht. Das besondere haptische Erlebnis fehlt CDs gegenüber den guten alten Vinylplatten ja ohnehin. Und so habe ich mir gerade ganz spontan und ohne Wartezeit, ohne Lauferei und Sucherei das primagute Album »Mädchenmusik« vom Brockdorff Klang Labor heruntergeladen. Bei emusic für ca. 2,99€. Also satte 15€ und eine Stunde eigener Zeit gespart. (Hier muss allerdings erwähnt werden, dass bei emusic ein Abo über mindestens 40 Songs pro Monat abzuschließen ist. Lohnt sich natürlich nicht für jeden.)

Es tut mir ja leid für euch, liebe Beschäftigte im Tonträgereinzelhandel. Aber wenn es nach mir geht, müsst ihr eure Brötchen in Zukunft anders verdienen.

Ein Blog ohne Botschaft ist wie ein Land ohne Botschaft

Jeder, der bei »Pop« als erstes an »Diskurs« denkt, hat die Überschrift natürlich längst als Referenz an den Lieblingsliebling aller ernstmeinenden Popkritiker erkannt. Genau: Jens Friebe – und nochmal genau: der Bruder von ZIA-Riesenmaschine-9to5-Holm.

Sein neuste Scheibe mit dem schönen Titel »Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert« ist wieder sehr launig geworden. Ein paar üble Ausreißer ins Belanglose sind dabei, aber auch eine herzzerreißende Coverversion: »Alles macht nichts, wenn wir tanzen / wie in französischen Romanzen«. Und eine Zeile funkelt strahlend aus allem hervor, und wäre es nur die eine und alles andere nichts, dann wäre es immer noch großartig, das Album:

Traurig machst du den Regenwurm vom Stacheldraht ab

Nein? Nicht?? Unverständlich??? Logik ist für Loser und wo bleibt der Diskurs, wenn man alles sofort versteht?

8-Bit Lagerfeuer

Wirklich großartige Musik, noch dazu in einer eigen- wie einzigartigen Stilmixtur, das neue Album »8-Bit Lagerfeuer« von Pornophonique. Da packe ich sogar mal den Mantel des orthographischen Schweigens aus. Außerdem zum Kostenlos-Runterladen unter einer CC-Lizenz. Ich sage: Hören, Freuen, Feuern!

http://www.pornophonique.de

http://www.jamendo.com/de/album/7505/

Anspieltipps: Sad Robot, Space Invaders, Take me to the bonus level because I need an extra life (und alle anderen)

Kronos, Nunavut, finally

Vor ziemlich langer Zeit, es muss ungefähr 1989 gewesen sein und ich war 17, bin ich über ein Streichquartett gestolpert. Das Kronos Quartet. Die haben tolle moderne Sachen gespielt, Phil Glass, Steve Reich, Terry Riley, John Zorn und so weiter. Unvergessen auch der Unteroffizier, der mich beim etwas zu lauten Kronos-Hören im Musik- und Leseraum der Seemannschaftslehrgruppe Borkum ertappt hat, und daraufhin ebenso verdattert wie aufrichtig besorgt fragte, ob alles in Ordnung sei, mir etwas fehle oder er etwas für mich tun könne.

Und so begleitet mich das Kronos Quartet seitdem, ist immer wieder für eine Überraschung gut und gibt mir das Gefühl, etwas mitzubekommen von der weiten Welt der jungen Musik da draußen, und zugleich einen verlässlichen Guide zu haben, der mich auf Neues und Ungehörtes aufmerksam macht. Ein Konzert zu erleben, live, mit den vier Streichern, das hat sich zu einem lang gehegten aber bislang unerfüllten Wunsch entwickelt. Bis heute. Beziehungsweise: Bis zum 30. Mai. Aber heute habe ich die Karten bestellt.

Und Hui! Wie groß ist die Freude, dass das Programm, das in der Kölner Philharmonie zu Gehör gebracht werden wird, sich justamente überschneidet mit einem zweiten Musikkreis, der mich in den letzten Jahren in seinen Bann geschlagen hat: Nordisches. Triakel, z.B., ist nicht die allerbekannteste Band der Welt, aber eine, die mit drei feinen, klein daher kommenden Alben bewiesen hat, dass schwedischer Folk ohne kitschig zu werden schön sein kann. Und jetzt versucht sich Kronos an Triakels Tusen Tankar. Mit mir in der dritten Reihe. Oh, Vorfreude! Große Kammermusik gibt’s natürlich auch. Hier die gesamte Liste:

Derek Charke

Auswahl aus: Twenty-two Inuit Throat Song Games for String Quartet

Sigur Rós

Flugufrelsarinn

Xploding Plastix

Work

Traditional/Triakel

Tusen Tankar

Derek Charke

Cercle du Nord III

Clint Mansell

Death Is The Road To Awe aus dem Film ‚The Fountain‘ von Darren Aronofsky

Henryk Mikolaj Górecki

Five Kurpian Songs

Tanya Tagaq / Kronos Quartet

Nunavut

Also, auf zur Kölner Philharmonie, noch gibt es Karten.

P.S.: Xploding Plastix, erlausche ich gerade, ist mächtig gut und auf deren Seite gibt’s viel zu hören. Ohren auf!