Firefox traut deutschen Unis immer noch nicht

Vor knapp drei Monaten wurde hier über Zertifikatsprobleme mit dem neuen Firefox berichtet: Die von deutschen Hochschulen verwendeteten Webseiten-Zertifikate werden mit bedrohlichen Fehlermeldungen bestraft, weiter kommt nur, wer gefährlich klingende Warnung ignoriert oder umständlich das richtige Zertifikat importiert. Das liegt daran, dass die Unizertifikate vom DFN e.v. (Deutsches Forschungsnetz) ausgestellt werden und der DFN wiederum von der Deutschen Telekom zertifiziert wird, die ein so genanntes Wurzelzertifikat hat, das der Browser eigentlich kennen sollte. Internet Explorer und Opera tun das auch, der Firefox aber (noch) nicht. Der vor im April 2007 angestoßene Anerkennungsprozess zieht sich ohne erkennbaren Fortschritt weiter hin.

Inzwischen gibt es Konsequenzen: Das Rechenzentrum der Uni Köln rät ganz offen vom Firefox 3 ab und empfiehlt Internet Explorer oder Opera.

In der aktuellen c’t (20/08) greift Jürgen Schmidt die neuen Firefox-Verhaltensweisen relativ scharf an und kritisiert die überbewertende Bevorzugung von EV-SSL-Zertifikaten (die im Firefox jetzt mit großem grünen Balken erscheinen, aber fast nur von Banken verwendet werden) sowie „sehr unglücklich gewählten Formulierungen“ bei weiterführenden Informationen.

Schmidts Aussagen zu deutschen Hochschulen sind aber etwas danebengegriffen:

Insbesondere im universitären Umfeld wird viel mit selbst signierten Zertifikaten gearbeitet

Nein! Alle deutschen Hochschule, deren Webangebote ich kenne, bemühen sich intensiv und durch den DFN gut organisiert darum, tadellose Services anzubieten. Gerade deshalb ist die Firefox-3-Telekom-Zertifikats-Problematik (ganz unabhängig von der Schuldfrage) ein ernstes Problem. Immerhin haben Hochschulen in den vergangenen Jahren immer wieder zu Alternativbrowsern wie Firefox geraten – nicht zuletzt aus Sicherheitsbedenken und häufig auch in der Überzeugung, mit quelloffenen Produkten verlässlichere Alternativen für den Lehr- und Wissenschaftsbetrieb zu empfehlen. Schmidts Argument rührt vermutlich von Test- und Projektservern her, die zu Forschungszwecken eingerichtet werden: Die für den Produktivbetrieb vorgehaltenen Angebote deutscher Hochschulen sind aber seit Jahren deutlich professioneller organisiert.

Eine kleine Anmerkung am Rande: In einem Infokasten zeigt der c’t-Artikel das „Zertifikats-Sharing der Fachhochschulen Braunschweig und Wolfenbüttel“ als mögliches Problem. Tatsächlich handelt es sich um eine Hochschule, nämlich die „Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel“, die aus Bequemlichkeitsgründen über URLs erreichbar ist, die nur einen der beiden Standorte benennen. Gerade bei Fachhochschulen, die häufig mehrere Standorte haben, kein unübliches Vorgehen. Löst das Problem nicht, wirkt aber mangelhaft recherchiert.

Daher nochmal der Hinweis: Webangebote deutscher Hochschulen, gerade in sicherheitsrelevanten Bereichen, laufen schon seit langem nicht mehr auf Servern, die bei irgendeiner Hilfskraft unter dem Schreibtisch stehen und mit irgendwelchen schludrig ausgestellten Zertifikaten daherkommen. Das Bemühen um Professionalität wird aber durch die aktuelle Firefox-Problematik erschwert und kostet eine Menge Geld (Support, Anleitungen) und vielleicht auch Vertrauen der Nutzer. Das wäre für Firefox und die Hochschulen mehr als schade.

Streik beendet. Und Kommentar zur Kommentardiskussion.

Der Thēleprompt-Blogstreik ist vorbei. Ihr alle habt brav kommentiert und nebenbei eine größere Diskussion über Sinn und Zweck von Blogkommentaren losgetreten. Gut so! Das war ja schließlich auch das beabsichtigte Ergebnis.

Um mal zur Kommentardiskussion etwas auszuholen, ein paar Gedanken zu den Uniblogs.

Wenn ich jemandem von den Uniblogs erzähle, ernte ich manchmal ein verwirrtes  Fragezeichengesicht: „Wieso? Dafür gibt es doch blogger oder blogspot oder was auch immer. Jeder bekommt an jeder Ecke ein kostenloses Blog hinterhergeworfen.“ Trotzdem leisten wir uns die Uniblogs, die Kosten für die Uni sind moderat, aber vorhanden.

Wenn ich anderen von den Uniblogs erzähle, ernte ich manchmal ein gequältes Ausrufezeichengesicht: „Aber das vielzu gefährlich! Da können dann Studenten ja einfach irgendwas schreiben und es steht auch noch Uni dran.“ Eben. Das ist einer der Gründe, warum es die Uniblogs gibt: Den Mitgliedern der Uni eine zeitgemäße Web-Plattform zu geben, wo sie – nicht nur aber eben auch – in ihrer Rolle als Mitglieder der Universität veröffentlichen können.

Wenn ich noch wieder anderen von den Uniblogs erzähle, ernte ich manchmal ein zweifelndes Auslassungspunktegesicht: „Das funktioniert doch eh nicht. Wieso sollten Blogs Lernen, Lehren und Forschen verändern oder gar verbessern?“ Wir glauben: Doch, kann es. Und zwar auf mehreren Ebenen:

1. Sichtbarkeit nach außen erhöhen. Was passiert da eigentlich in dieser unserer Uni? Was denken, hoffen, wollen Studierende und Wissenschaftler? Was wird gelehrt und geforscht und warum? Und sei es nur das schnöde Argument, dass derzeit Blogbeiträge in den Suchmaschinen weit oben erscheinen: Wer etwas über sein Lernen, seine Lehre, seine Forschung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen will, hat mit einem Uniblog gute Chancen dazu. Den Stempel relativer Seriosität gibt es die Uni-URL dazu.

2. Sichtbarkeit nach innen erhöhen. Mensaflyer, Studentenzeitungen, Aushänge an schwarzen Brettern, Artikel in der Unizeitung: All diese Formen hochschulinterner Öffentlichkeitssuche gibt es schon seit langem. Etwas ähnliches gibt es im Netz nur mit Zusatzaufwand und begrenzter Wirksamkeit – Stud.IP hat Ansätze dazu, ist aber streng intern. Die Community-Wirkung der Uniblogs soll dazu führen, das vielfältige Leben an der Uni  auch innerhalb der Uni bekannt zu machen. Auf der Startseite gibt es schon einige der angedachten Funktionen: Letzte Beiträge, Tagcloud über alle Beiträge, News aus besonders spannenden Blogs. Dazu kommt das „Letzte Beiträge“-Widget in dem jeder von seinem Blog aus auf Aktuelles aus der Uni verweisen kann.

3.  Alternative zu Webseiten von Arbeitsgruppen, Konferenzen und Projekten. Erstaunlich intensiv werden die Blogs als „Homepageersatz“ oder -ergänzung von Arbeitsgruppen, Projekten und für Konferenzen genutzt. Das Werkzeug scheint dafür ausreichend, es bringt nicht nur einfache CMS-Funktionalitäten mit, sondern dank Kommentarmöglichkeiten und Integration in die Blogosphäre auch alle Vorteile von Blogs. Insgesamt scheint die Form für dynamische Einrichtungen und Projekte besonders geeignet: Aktuelles steht im Mittelpunkt, die in monatelanger Arbeit aufwendig erichtete Informationsarchitektur, die in eine Webseite mündet, die dann über Jahre niemand mehr pflegt, tritt hier in den Hintergrund. Wo genau auf Dauer Vor- und Nachteile der einen wie der anderen Lösung liegen, wird sich zeigen.

4. Mehr unterschiedliche Arten von Blogs werden unterstützt. In seinem konsequenterweise natürlich im eigenen Blog abgegebenen Kommentar raisonniert menschzweinull über den Sinn von Kommentaren. Mir scheint, als hätte er im Kopf, es gebe genau eine „richtige“ Form des Bloggens:

[14:48:54] M2.0: will man eine anrchistische Form des Online-Journalismus betreiben

[14:49:24] M2.0: oder lieber einen „hach sind wir lustig und kreativ“ Zirkel der immergleichen Leute

Warum nicht beides erlauben und unterstützen?! Und eine bequeme CMS-Lösung, und eine staubtrockene Publikationsplattform für frischentdeckte Formeln, und von Gremien abgesegnete Verlautbarungen aus der Kaffeeautomatenplanungskommission, und launige Photos aus dem Urlaubssemester, und wilde Seminardiskussionen mit immergleichen Leuten, die andere ruhig mitlesen dürfen. Eine Diskussion um „echte, gute Blogs“ und „unechte, doofe“ Blogs kann man gern führen, wie auch bei den Podcasts. Manchmal ist sie sogar sinnvoll, wenn man sich des Diskursrahmens bewusst ist, oder umgekehrt den Rahmen durch Adaption eines Begriffs unzulässig ausweitet: „Wir sind jetzt eine moderne Uni, weil wir Blogs verwenden“.

Mit meinem Aufruf zu Kommentaren wollte ich vor allem deutlich machen, dass die Community Uniblogs nur funktionieren kann, wenn auch innerhalb der Uni Beiträge nicht nur gelesen werden, sondern sich Diskussionen entwickeln. Zu ernsten wie unernsten Themen.

Stud.IP mit HAL-Effekt

Heute morgen um 8 haben wir mit der Umstellung der Stud.IP-Installation der Uni Osnabrück auf die aktuelle Release-Version begonnen. Das ist ein größerer Akt, weil wir in den vergangenen Jahren wegen erheblicher Sonderanforderungen bei Veranstaltungs- und Raumverwaltung eine Osnabrück-spezifische Version gepflegt haben, in die nur teilweise die Weiterentwicklungen der Stud.IP-Community eingeflossen sind. Jetzt aber sind wir zurück auf dem breiten Pfad derer, die topaktuelle Versionen einsetzen. In Zukunft können wir öfter, schneller und einfacher updaten.

Das allermeiste ist gutgegangen, nach monatelangen Tests und Vorbereitungen war das auch zu erwarten. Ein bisschen hat sich unser gutes altes Stud.IP aber gewehrt. Wie HAL, der nach und nach abgeschaltet wurde, fiel es zurück in kindliche Entwicklungsstufen, wie folgende Zwischendurch-Fehlermeldung beweist:

Stud.IP wehrt sich gegen Update mit Grundschulproblemen

Podcast-University: Under Construction

Malte Mertz von der Uni Hamburg erhebt „Under Construction“ zum Credo der modernen Universität. „Under Construction“ heißt: Die Hochschullehre in beständigem Wandel.

Eine über mehrere Semester laufende Ringvorlesung „Medien & Bildung“ wurde mit einer Online-Oberfläche versehen, die eine nichtlinearen Zugang zu den Inhalten bietet. Nicht die chronologische Sortierung, wie in klassischen Blogs, sondern eine Tagcloud strukturiert das Material immer neu. Darin: Texte, Audio- und Video-Aufzeichnungen, alles kommentierbar. Aus der Vorlesung wird damit auch eine sich ständig erweiternde Online-Publikation. Print-On-Demand ist ebenfalls angedacht. Im Gegensatz zu klassischen Publikationen werden nicht nur Endergebnisse veröffentlich, sondern auch Zwischenschritte im Sinne einer „öffentlichen Wissenschaft“. Generell: Durch die neuen Formate liegt die Veröffentlichung zeitlich wie inhaltlich näher am einzelnen Gedanken.

Die Form fordert Eigeninitative und Interesse, fördert aber dafür individuelle Möglichkeiten des Lernens.

In der Diskussion wird die Organisationsform der aufzeichnungen hinterfragt: Sind studentische Hilfskräfte für die Aufzeichnungen wirklich nachhaltig? Sollte man mehr in feste technische Ausstattung bzw. Qualifizierung von Lehrenden investieren? Abschließende Antworten sind hier aber nicht zu finden.

Podcast-University: Bildungstalk

Christian Hoppe und Stefan Buch von der Uni Frankfurt stellen den „Bildungstalk“ vor. Das Projekt produziert einen studentischen Podcast rund um das Thema „Bildung“ und gibt hauptsächlich über Interviews Einblick in pädagogische Praxis- und Forschungsfelder.

Wie es sich für einen erziehungswissenschaftlichen Vortrag gehört, wird zunächst der Begriff  „Podcast“ kritisch beleuchtet: Hier handelt es sich technisch um klassische Podcasts, also reine Audio-Produktionen. Gestartet im September 2007 wurden bislang 22 Episoden von einem Team aus 8 Studierenden veröffentlicht. Sie gehören zu einer studentischen E-Learning-AG, die außerhalb des regulären Studiums betreut verschiedene E-Learning-Themen bearbeitet. Die Produktion gliedert sich in Präsenz- und Onlinephasen, in denen Konzeption, Texterstellung, Interviewaufnahmen, Moderation und Endproduktion durchgeführt werden. Schließlich werden die fertigen Episoden über eine WordPress-Installation veröffentlicht.

Welche Anreize, welchen Mehrwert gibt es für die Teilnehmer? Sie erhalten Einblick in erziehungswissenschaftliche Praxisfelder, können evtl. bereits wichtige Kontakte in die Praxis künpfen und stärken ihre Medienkompetenz. Das Projekt Bildungstalk dient auch dazu, ergänzende Selbststudieninhalte zu erstellen. Die Reihe „Auswärtsspiel“ z.B. bereitet auf das Pflichtpraktikum vor. Folgen zu Themen wie Second Life, Traumpädagogik oder Bildungsberatung ergänzen das reguläre Studium.

Diskussion:

Es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, exaktere Abrufstatistiken als bloße Zahlen zu generieren. Google Analytics wird aus rechtlichen Gründen für kritisch gehalten.

Gibt es ein Uni-Radio in Frankfurt? Nein, gibt es nicht. Der Bildungstalk ist Vorreiter.

Link zum Projekt:

Podcast-University: yovisto.com

Live zugeschaltet aus Amerika: Grit Matthias von der Cornell-University Ithaca (NY), die im letzten Jahr schon einen begeisternden Vortrag beigesteuert hat. Unterstützt wird sie vor Ort von Jörg Waitelonis von der Uni Jena. Sie berichten über die Verbesserung der Qualität von Seminaren mittels Podcasts.

Grundproblem: In Seminaren ist zu wenig Zeit für eine eigentlich nowendige Diskussion über die von Studierenden gehaltenen Referate. Lösung: Bereits vor der Seminarsitzung produzieren die Studierenden ihre Präsentation als Enhanced Podcast, die Komillitonen kennen zu Beginn der Sitzung die Präsentation bereits und es verbleiben volle 90 Minuten für die Diskussion.

Die technische Plattform, die dafür verwendet wird ist yovisto (ehemals bekannt unter den Namen Osotis), eine akademische Video-Suchmaschine und eine Web-2.0-Plattform für Studenten und Dozenten. Die Plattform erlaubt es, Videos als ganzes bzw. einzelne Positionen zu taggen und mit Diksussionen zu versehen. Damit entfällt die Notwendigkeit, sich immer ganze 90-Minuten-Aufzeichnungen anschauen zu müssen, wenn nur bestimmte Informationen gesucht werden. Außerdem bietet ein Wiki Raum für frei gestaltete Zusatzinformationen.

Didaktischer Mehrwert: Diskussionen werden zielgerichteter, die Ergebnisse können für ein ePortfolio verwendet werden, Motivation und Medienkompetenz werden gesteigert.

Diskussion:

Wie wird die Relevanz des Suchwortes festgestellt, d.h. wie wird entschieden, welches Video in der Trefferliste oben erscheint? Die Folien werden analysiert, prominent erscheinende Wörter werden höher bewertet, außerdem werden die von mir selbst getaggten Videos bevorzugt berücksichtigt.

Gibt es eine Redaktion, die die Inhalte bewertet? Wie wird verhindert, dass das ein zweites YouTube wird? Ja, alles wird überprüft. Derzeit ist der Aufwand dazu noch überschaubar.

Gibt es abgeschlossene Bereiche? Im Moment noch nicht, Gruppenfunktionen stehen aber im nächsten Semester zur Verfügung.

Wie gewährleistet man, dass Studierende, die die Präsentationen vorproduzieren sollen, die gleichen technischen Voraussetzungen haben? Wie schafft man einheitliche technische Standards? Das sollte im Multimedia-Zentrum der Hochschule gewährleistet werden. Allzu hoch ist der Aufwand aber nicht, auch ohne spezielles Studio lässt sich gute Qualität erzielen.

Ein Teilnehmer warnt: Ist in letzter Zeit  nicht die Neigung zu beobachten, dass eher die technische Gestaltung als der Inhalt bewertet wird?

Podcast-University: Medienspezifische Podcast-Didaktik

Mit inzwischen einer halben Stunde Verzögerung treten Tim Schmidt und Verena Barbosa Duarte von der Uni Osnabrück aufs Podium, um über die Entwicklung einer medienspezifischen Podcast-Didaktik zu berichten. Sie gehen von den Diskussionen der letzten Podcast-Tagung aus und überlegen, wie die didaktischen Potenziale der Technologie besser ausgenutzt werden können.

Schmidt und Duarte unterscheiden begrifflich „Podcasts“ als technische Distributionsform und „Podcasting“ als sozialen und kommunikativen Prozess. Infrastruktur in Osnabrück bietet das Zentrum für Informationsmanagement und virtuelle Lehre mit technischer und didaktischer Unterstützung sowie einem Studio für profesionelle Audio- und Videoproduktion. Die Uniblogs-Blogfarm und das Portal Lernfunk bilden den technischen Rahmen.

E-Learning-Podcasts unterscheiden Schmidt und Duarte nach Dozenten- und Studierendenpodcasts und liefern Beispiele.

Im Dozentenpodcast „Mr. Bergs, I have a question“ werden häufige Fragen Studierender in Vorlesungen und Sprechstunden nach kurzen, griffigen Definitionen beantwortet – 40 kurze Episoden sind so entstanden. Die Nutzung der Kommentarfunktion ist aber noch förderungsbedürftig. Ein zweiter Dozentenpodcast für ein Filmbildungsseminar gibt zusätzlichen Input für das Seminar und die einzelnen Episoden dienen als Beispiele für die von den Studierenden zu erbringenden Leistungen. Bislang wurde der Podcast begleitend für ein einzelnes Präsenzseminar eingesetzt, im nächsten Semester wird er an verschiedenen niedersächsischen Hochschulen in Blended-Learning-Konzepten eine noch größere Rolle spielen.

Ein Beispiel für Studierendenpodcasts werden aus dem Fach Anglistik Beispiele angeführt, die als optionale Prüfungsleistungen dienen, die Sprachkompetenz verbessern und außerdem einen Pool für das Fach Linguistik aufbauen sollen. Die Reaktionen der Studierenden waren nach anfänglichen Bedenken sehr positiv. Sie schätzen besonders, lebendigere Darstellungsformen ausprobieren zu können. Um Studierende bei der Podcast-Erarbeitungzu unterstützen, bekommen sie am Anfang des Semesters einen strukturierenden Arbeitsplan ausgehändigt.

In den Erziehungswissenschaften werden Studierende im bereits erwähnten Filmbildungsseminars ermuntet, in einem jeweils eigenen Blog das Semester über Fragestellungen zu behandeln und in einem abschließenden Podcast zusammenzufassen. Die Form ist dabei freigelassen und der Podcast wird im Umfang eines Leistungspunktes als Prüfungsleistung anerkannt. Auch dieses Szenario wird auf mehrere Hochschulen in Niedersachsen ausgeweitet.

Geplant ist für die kommenden beiden Semester ein interkultureller Austausch zwischen deutschen und US-amerikanischen Studierenden. Ergebnis werden Podcasts sein, die von binationalen Gruppen interaktiv vorbereitet und gemeinsam erstellt wurden.

Die „Schlüsselkompetenz Podcasting“ betrachten Schmidt und Duarte in Rahmen einer produktionsortientierten Mediendidaktik. Technische Kompetenzen stehen neben Anforderungen, Themen für das Medium angemessen aufzubereiten.

Als Fazit fordern die Vortragenden, Podcasts immer vor dem Hintergrund eines didaktischen Szenarios zu entwickeln, d.h. neue Formen zu erfinden, kommunikative Potenziale des Mediums auszuschöpfen und über den lokalen Kontext hinauszudenken.

Die Diskussion fragt nach Distributionsformen bei iTunes. Karsten Morisse kann berichten, dass iTunesU ab dem nächsten Jahr auch in Deutschland verfügbar sein wird. Dann ruft die Mittagspause.

Podcast-University: Vom Lesebuch zum Hörbuch

Britta Schwieters und Paul John von Universität Bielefeld berichten über ein seminarbegleitendes Weblog mit Podcast-Funktionalität in Veranstaltungen zur Vermittlung von Medienkompetenz im ServiceCenter Medien. Ziel ist es dort, mit Studierenden zusammen ein Hörbuch aus selbstgeschriebenen Geschichten zu produzieren.

Lerninhalte des Seminars sind kreatives Schreiben, Stimm- und Hörschulung sowie Technikeinführung für Lehramtsstudierende. Ein eindrucksvolles Beispiel führt die Arbeit einer Studentin vor, die einen selbstgetexten Text selbst eingesprochen und mit selbst eingespielter Klaviermusik unterlegt hat. Der Arbeitsaufwand für Studierende wie Dozent und Tutoren ist relativ hoch. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Lernertrag wird dennoch durchgehend als angemessen bezeichnet.

Insgesamt erscheint das Seminar besonders ideal für den Podcasteinsatz und das Blogsystem als besonders geeignet für die angestrebte Lernform. Auch Halbfertiges wird schon zugänglich gemacht, kommentiert und zeitlich flexibel über die Seminargrenzen hinaus nutzbar. Großer Vorteil ist eine hohe Öffentlichkeitswirkung, die auch für die Studierenden hohe Motivation erzeugt – z.B. als Präsentation der eigenen Arbeit für Eltern und Freunde.

Der Betreuungsaufwand für das Hörbuchteam ist nicht zu vernachlässigen: Neben einer wöchentlichen Sprechstunde wird das Endprodukt noch professionell nachbearbeitet und in einem WordPress-System mit Podcast-Plugin veröffentlicht. Kommentare müssen freigeschaltet und rechtliche Fragen der Veröffentlichung beachtet werden. Schließlich wird eine Audio-CD erstellt, die professionell gestaltet den Studierenden ausgehändigt wird.

Die Rückmeldungen sind sehr positiv: Das Projekt wird öffentlich wahrgenommen, die Studierenden eignen sich Kompetenzen an, die sie später im Schulalltag praktisch nutzen können. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass knapp 60% der Teilnehmer ihre Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten besonders gefördert und ca. 55% ihr Interesse am Studium insgesamt gesteigert sehen.

In der Diskussion wird nach der Finanzierung gefragt: Werden für das Vorhaben Tutorenmittel gesondert zur Verfügung gestellt? Da die dafür eingesetzten Studierenden bereits über erhebliche Vorkenntnisse verfügen, seien die notwendigen Mittel relativ gering, führt Herr John aus.

Problemen mit der Online-Sichtbarkeit wird durch eine schriftliche Einverständniserklärung entgegengewirkt, außerdem wünschen Studierende sehr stark, das professionelle Endprodukt auch zu veröffentlichen. Auf Wunsch werden die Einträge später wieder entfernt.

Ein Teilnehmer blickt neidvoll auf die starke Beteiligung im Blog. Gibt es dafür besondere Rezepte? Auch in Bielefeld sei der Anlauf lang und schleppend gewesen, führen die Vortragenden aus.  Geringe Beteiligung in öffentlichen Diskussionen wird von weiteren Teilnehmern bestätigt.

Beispiele:

Podcast-University: Geografee – Unterhaltsame Podcasts für die Geografie

Torsten Wißmann von der Uni Mainz berichtet über Podcasts im Fachbereich Geographie. Er gestaltet den Vortrag als „Live-Episode“, die Format und Gestaltung der Geografee-Podcasts erahnen lässt. Sofort wird klar: Mit klassischen Vorlesungsaufzeichnungen hat das wenig zu tun, sondern orientiert sich durch eingestreute Jingles stark an Radioformaten.

Bei Wißmann stand am Anfang: Podcasts müssen unterhaltsam sein, um aufzufallen. Die Konkurrenz sind nicht andere Vorlesungen, sondern die digitale Lebenswelt der Studierenden. Die Lehre aus „Normalen E-Learning-Podcasts“, die direkt aus Audiovorlesungsaufzeichnungen bestehen, sei: Kaum Mehrwert, die Technologie alleine bewirkt wenig. So entstand das Vorhaben, einen neuartigen, unterhaltsamen E-Learning-Podcast für die Geographie zu entwickeln.

Pro Veranstaltungssitzung ist eine Podcast-Episode vorgesehen, die auf 20-25 Minuten angelegt ist. Die Vorbereitung ist relativ aufwendig: Nach der Recherche wird ein Skript verfasst, dass dann eingesprochen wird. Die Struktur der im AAC-Format produzierten Folgen ist jedes Mal ähnlich und wird um aufwertende Inhalte angereichert: Jingles, Abbildungen, O-Töne und Audiozitate. Unter geografree.de werden die Gestaltungsprinzipien der Podcasts deutlich: Einfach, Ansprechend, gut zugänglich.

Aktuelle Entwicklungen: Neben seminar- und übungsbegleitenden Podcasts, sollen auch andere Veranstaltungsformen unterstützt werden, wie z.B. Exkursionen ohne Dozent – per Audiotour und vorgefertigtem Exkursionsbuch mit Arbeitsaufträgen. Das soll Lehrenden wie Studierenden mehr Freiraum bieten. Geografree-Front-Line soll sich dem Problemkreis nähern: Wo diskutieren Wissenschaftler eigentlich miteinander? Der Podcast soll die aktuelle Diskussion in der deutschen Humangeographie anstoßen, die sechste Episode ist gerade fertiggestellt. Nutzer können per Voice-Mail, E-Mail oder QuickVote mitreden.

Wozu das ganze: Lernangebot erweitern, viele Studierende errreichen, auf ihre Lerngewohnheiten eingehen und sie dort abholen, wo sie herkommen. Mit einem Schlagwort: Lifestyle – mehr Leute erreichen, mehr Kommentare einfangen und mehr zum Denken anregen.

Die wegen des zu langen Vortrags leider sehr kurz Diskussion dreht sich zunächst um die Frage: Wie wird das in die Lehrveranstaltung eingebunden, werden die möglichen didaktischen Vorteile genutzt, oder sind das Vorbild eher die „Unterhaltungspodcasts“? Wißmann führt aus: Die Geografree-Beiträge sind fest in Seminare mit Präsenzpflicht eingebunden und greifen vor allem wichtige Teile heraus.

Wie ist die Frage der Nutzungsrechte bei Musik, O-Tönen etc. geregelt? Alle Jingles sind frei verfügbar, das Podsafe-Music-Network bietet zudem Musik-Inhalte, die in Podcasts verwendet werden dürfen.

Podcast-University: Rapid eLearning im Medizinstudium an der Charité

Joachim Plener von der Charité-Universitätsmedizin Berlin berichtet über Podcasts im Hörssal. Die Charité in Berlin ist über weit auseinanderliegende Campi in der Stadt verteilt, das Studium hat einen hohen Anteil an Vorlesungen und allgemein hat die Lehre in der Medizin gegenüber Klinik und Forschung einen vergleichsweise geringen Stellenwert. All diese Voraussetzungen haben den Entschluss gefördert, Vorlesungsinhalte verstärkt digitalisiert zur Verfügung zu stellen.

Die Charité setzt auf kommerzielle Tools wie Blackboard und Confluence und leistet sich nur eine sehr kleine E-Learning-Einrichtung. Daraus folgt: Dozenten sollen die Rolle des Produzenten weitgehend selbst übernehmen. Nicht die Hörsäle werden technisch ausgestattet, sondern drei eine mobile Aufnahmestationen werden durch die Gegend getragen. Auf den Laptops läuft Powerpoint mit Camtasia, Mikrofone werden mitgeliefert, Videoaufzeichnungen sind nicht vorgesehen. Eine komplette Aufnahmestation kostet ca. 1700€.

Ergebnis des Produktionsprozesses ist eine von Camtasia produzierte Flash-Anwendung, die Inhaltsverzeichnis über die einzelnen Episoden und Download-Möglichkeiten z.B. für den iPod bietet. Technisch funktioniert das gut, die Akzeptanz ist erfreulich und einzelne Klinken nutzen die Angebote schon sehr weitgehend.

In der Praxis seien aber ein paar Probleme offensichtlich geworden:

  • 90-Minuten-Episoden sind zu lang. Die Aufmerksamkeitsspanne am Rechner oder iPod ist typischerweise kürzer.
  • Zwischenfragen sind schwierig zu verstehen, müssen wiederholt werden, was den üblichen Fluss der Vorlesung stört.
  • Die meisten Dozenten wollen die Aufzeichnungen nicht veröffentlichen. Copyright-, Patientenrecht- und Datenschutz-spielen dabei eine große Rolle.

Die Erfahrungen haben dazu geführt, dass podcastgerechtere Formate erprobt und angeboten werden. Besonders erfolgversprechend seien folgende Eigenschaften:

  • Länge 20 bis maximal 40 Minuten
  • Thematische Fokussierung (Microlearning), dadurch leichter wiederverwendbar
  • Kein reines Audio, sondern auch Folien.
  • Radioähnliche Formen – direkte Ansprache, eingestreute Interviews etc

Gutes Beispiel sei dafür: Die Vorlesungen von Prof. Dr. Achim Schneider. In Zukunft sollen eine Mediendatenbank und ein PodcastPortal das Angebot der Charité abrunden.

In der Diskussion wird die Frage aufgeworfen, ob man auf Videoaufzeichnung tatsächlich verzichten kann. Alles, was nicht auf dem Rechner passiert (Tafel, Experimente) kann nicht erfasst werden. Sind Tablet-PCs eventuell eine Alternative? Joachim Plener führt aus, dass in solchen Fällen ein aufwendigerer Nachbereitungsprozess (z.B. Einfügen von parallel gefilmten Videos) nötig, aber auch möglich ist.

In den Vorlesungen von Herrn Schneider hätten sich verändert: Er setzt die Kenntnis der kleinen Episoden voraus und kann seine Veranstaltungen anders fokussieren.