Ein SchönerTag mit der Bahn? Aber ohne Krawatte, bitte!

Februar ist Dienstreisemontag. Üblicherweise führen die mich nach Hannover, Hannover, Oldenburg, Hannover, Berlin, Hannover, Hannover oder auch mal nach Hannover. Morgen ist ein besonderer Dienstreisetag, denn ich darf Rheda-Wiedenbrück besuchen. Wo zum Geier ist das? Und kommt man da mit der Bahn überhaupt hin? Klar doch. Nur knapp eineinhalb Stunden und zweimal umsteigen führen von Osnabrück ins schöne ostwestfälische Städtchen, das eigentlich nur 55km entfernt liegt. Wie üblich wollte ich heute meine Fahrkarte als Online-Ticket über das Firmenkundenportal der Bahn buchen.

Aber. Der kurze Check wie lange und wo entlang mich die Fahrt führen würde, war im Normalkundenportal schnell erledigt und der vertraute „Online Buchen“-Button hätte mich mit meiner Bahncard 50 zu 16,10 Euro Fahrkosten gebracht. Der Großkundentarif spart da nochmal 7-8%. Nicht die Welt, aber Kleinvieh macht auch.. Sie wissen schon. (Außerdem ist zur Entlastung des Steuerzahlers selbstverständlich die Nutzung aller denkbaren Rabattmöglichkeiten für Dienstreisen zwingend vorgeschrieben.)

Nach Login im Firmenkundenbereich fehlte allerdings der Sofort-Buchen-Link. Stattdessen die Aussage: „Vorausbuchungsfrist abgelaufen“. Wie das? Schnell mal die Hotline anrufen.

Tobi: „Guten Tag! Ich wollte ein Online-Ticket für morgen über das Firmenkundenportal buchen, konnte die Buchung aber nicht abschließen.“

Bahncallcenteragentin: „Von wo nach wo wollen Sie denn fahren?“

Tobi: „Von Osnabrück Hauptbahnhof nach Rheda-Wiedenbrück“

Bahncallcenteragentin: „Äh.“

Tobi: „Das ist eine recht kurze Strecke.“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Und wo ist das Problem?“

Tobi: „Über die normale Buchungsmaske wurde mir ein Online-Ticket angeboten, im Firmenkundenportal allerdings nicht.“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Ist da ein Regionalexpress dabei?“

Tobi: „Ja, aber den buche ich doch sonst auch online.“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Ist das ein SchönerTag-Ticket?“

Tobi: „Keine Ahnung. Da steht ‚NRW-Ticket‘.“

Bahncallcenteragentin: „Ja, das ist SchönerTag.“

Tobi: „Schön.“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Das geht nicht.“

Tobi: „Bitte?“

Bahncallcenteragentin: „SchönerTag-Tickets sind als Online-Ticket für Firmenkunden nicht buchbar.“

Tobi: „Bitte?“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Das ist so.“

Tobi: „Warum?“

Bahncallcenteragentin: „Äh. Das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

Tobi: „Oh.“

Bahncallcenteragentin: „Ja.“

Tobi: „Und jetzt?“

Bahncallcenteragentin: „Das Ticket können Sie dann nicht buchen.“

Tobi: „Ja.“

Bahncallcenteragentin: „Ja.“

Tobi: „Und jetzt?“

Bahncallcenteragentin: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“

Tobi: „Ich sehe hier noch eine frühere Verbindung mit IC, die ich buchen kann. Kostet 0,50€ mehr. Kann ich mit der Fahrkarte auch die eigentlich gewünschte Verbindung nehmen?“

Bahncallcenteragentin: (glücklich strahlend) „Ja, selbstverständlich.“

Tobi: „Ja, dann mach ich das wohl.“

Bahncallcenteragentin: (glücklich strahlend) „Toll!“

Tobi: „Ja.“

Ok. Den Steuerzahler kostet meine Dienstreise nun 50 Cent mehr als nötig. Aber die Alternative, zum Bahnhof zu laufen und am Schalter dem Bahnvertriebsbeauftragten meinen Reisewunsch darzulegen und eine umfängliche Beratungsdienstleistung in Anspruch zu nehmen, hätte mindestens eine halbe Stunde meiner Arbeitszeit in Anspruch genommen und die kostet den Steuerzahler weit mehr als 50 Cent. Also: Geld gespart und einen darbenden Staatsbetrieb subventioniert. Ein guter Tag!

(P.S.: Dieser Bericht ist selbstverständlich nicht in meiner Arbeitszeit entstanden und verursacht dem Steuerzahler keine Mehrkosten.)

Tobias statt Mahlzahn. Oder: Kein Jim aus der Packstation

Erinnern Sie sich noch, wie Jim Knopf zu Lukas, König Alfons dem Viertelvorzwölften, Herrn Ärmel und Frau Waas nach Lummerland gekommen ist? Genau. Paket, Postbote, Verwechslung. Beinah wäre mir heute auch ein Jim ins Nest geflogen. Aber mangels Lokomotive hätte er sich bei mir ohnehin nur gelangweilt. Ich habe mich deshalb erfolgreich gewehrt.

Beginnen wir jedoch von vorne.

Weil tauschticket.de so freundlich war, mir zwei Gratistickets gutschreiben zu wollen, wenn ich registrierter Packstationskunde bei der Post werde, bin ich registrierter Packstationskunde bei der Post geworden. Das war vor über einem Jahr und niemals und niemandem habe ich meine Packstationsadresse herausgegeben. Ich schwöre! Die alberne anmutige güldene Packstationsabholscheckkarte lag seitdem unbenutzt im Schreibtisch.

Eines Tages flatterte ein beleidigtes Schreiben von Herrn Packstation ins Haus, ob ich denn nicht endlich mal… und ich wäre ja schon so lange… und ob denn alles in Ordnung sei und man sorge sich ja schließlich um mich. Ob ich nicht Lust hätte, fragt er mich dann, ein Probepaket zu bekommen. Ganz unverbindlich und voller toller Geschenke. Einfach mal, um die Packstation auszuprobieren. Klar! Geschenkt nehm ich immer. Etwas später fand sich eine etwas kümmerliche Mail im Briefkasten: Soooo gern hätte man mir ein Paket in die Packstation gelegt, aber leider war sie schon voll. Deshalb müsse ich mein Paket am Schalter abholen. Hab ich getan. Aber der Inhalt war eher Mitleid erregend. Post-Papiertaschentücher (nur 2-lagig!), zwei Tüten Tütensuppe (Lauch. Iiiih!), eine extrem praktische Minitaschenlampe, eine Müsli-Probe von einem Internetmüsliversender und noch irgendwas, das ich entweder ganz schnell weggeworfen oder aufgegessen, jedenfalls: verdrängt habe.

Also: Fleitepiepen. Das Packstations-Ausprobierpaket passt nicht in die Packstation und dann ist auch noch komisches Zeug drin. Nie wieder Packstation. Die güldene Plastikkarte ist daraufhin vor lauter Scham noch ein paar Papiersedimentschichten tiefer im Schreibtisch versunken.

Bis heute. Mail- und SMS-Alarm! »Ein Paket passte nicht in die Packstation! Retten Sie es und holen Sie es ab! Wir haben es in eine Filiale am anderen Ende der Stadt gebracht.«

Weil sich meine Erkältung frecherweise gerade dem Ende zuneigen will, die Außentemperaturen lustig um den Nullpunkt schlingern und soeben fieser Schneeregen einsetzt, berge ich also umgehend mein güldenes Kärtlein und schwinge mich aufs Rad. Eine lange kalte und nasse Fahrt bis ans andere Ende der Stadt führt mich schließlich an ein kleines vergessenes Posthäuschen, in dem es noch dicke Glasscheiben vor den Schaltern gibt. Wo vermutlich noch das Amtliche Verzeichnis der Ortsnetzkennzahlen ordentlich angekettet ausliegt und zwei griesgrämig dreinschauende Postbeamte ihren seit Jahrzehnten unveränderten Dienst versehen.

»Hier soll ein Paket für mich liegen, das nicht in die Packstation gepasst hat,« sage ich gutgelaunt (mit allerdings schon leichtem Hang zum Skeptischen) und schiebe meinen güldenen Packstations-Nutzungsberechtigungs-Beweis unter dem Panzerglas hindurch.

»Das wird sich noch herausstellen. Ich brauche dann auf jeden Fall noch Ihren Ausweis.« brummelt der Amtmann und verschwindet im Kabuff.

Meinen Ausweis halte ich gut fest und überantworte ihn nicht leichtsinnig der Obrigkeit. Vielleicht ist Herr Packstation sauer auf mich und will mich hier in der Einöde gefangenhalten.

Schnaufend kommt der Postbote mit einem recht großen Paket zurück. Es hat ungefähr die Ausmaße eines Weidenkörbchens Maxi-Cosys und es steht so etwas wie »Baby-Zone« oder »Baby-World« drauf. Luftlöcher kann ich nicht erkennen.

»Das war zu groß für die Packstation, denke ich mal.«  brummelt er.

Er beugt sich über den Adressaufkleber und liest. »Kirsten T.?« fragt er und blickt mich erwartungsvoll an.

»Ähm. Nein. Bin ich nicht. Kenn ich auch nicht.« antworte ich sehr sehr schnell.

»Oh.« entfährt es dem Postmann. Er schnappt sich meine güldene Packstationskarte.

Und dreht sie. Und wendet sie. Und liest die Paketaufkleber und die handschriftlich danebengekritzelten Hinweise der Packstationswichtel. Vergleicht Ziffern. Einzeln. Er muss schlussendlich doch kein graphologisches Gutachten einholen, sondern stellt mit einer gewichtigen Sicherheit, die allen verwaltungrechtlichen Zweifeln schon vorab den Wind aus den Segeln nimmt, fest:  »Aber da steht IHRE Nummer drauf.«

»Oh.« entfährt es mir.

»Kirsten T.?« fragt er wieder und blickt mich wieder erwartungsvoll an.

»Ähm. Nein. Bin ich nicht. Kenn ich auch nicht.« antworte ich wieder sehr sehr schnell.

»Das ist aber…« Dem Postler fehlen die Worte.

»Erwarten Sie denn..?.« ringt er sich sichtlich um Fassung.

»Nein! Nein! Ich wohne hier auch gar nicht!« beteuere ich.

»Oh.« entfährt es ihm.

»Ja.« antworte ich etwas einfältig.

»Das ist aber…« Dem Postler fehlen die Worte.

»Ich musste quer durch die ganze Stadt fahren. Ich wohne ja gar nicht hier.« jammere ich und schaue möglichst frierend und durchnässt aus der Wäsche.

»Kirsten T. wohnt hier um die Ecke.« stellt er nach einem erneuten schnellen Blick auf den Paketaufkleber amtlich fest.

»Ich nicht.« betone ich nochmals.

»Dann ist da wohl ein Fehler passiert.« schlussfolgert der Uniformierte ohne Blick in die Dienstvorschriften.

»Ja.« antworte ich etwas einfältig.Ihn durchzuckt ein letzter Hoffnungsschimmer: »Und mit Baby-Zone oder wie das heißt haben sie auch nichts zu tun?«

»Nein.« bin ich mir absolut sicher und hoffe auch so zu wirken. Meinen Ausweis umkralle ich immer noch fest.

»Hmm.« brummt er in Problemlösehaltung verharrend.

»Was machen wir denn jetzt?« Fragt er und starrt abwechselnd auf das Paket, meine Packstationskarte, mich, die Uhr, den Schneeregen draußen und seine Schuhspitzen.

»Keine Ahnung.« sage ich und warte.

Natürlich habe ich nicht wirklich eine Entschuldigung erwartet. Oder eine kleine Entschädigung für meine weite Reise durch die nasskalte Winterdämmerung. Eine Tütensuppe zum Beispiel, meinetwegen auch Lauch, etwas das wärmt. Oder eine Briefmarke. Diesen Mittwoch erscheint die Sondermarke zum 100. Geburtstag von Heinz Erhard. Das hätte doch gepasst und wäre sehr angemessen gewesen. Finde ich.

Aber nichts dergleichen. Würdig greift der Schalterbeamte innerlich zum Hammer und amtshandelt.

»Erneuter Zustellversuch.« brummt er zufrieden und schleppt das Paket wieder weg. Ich fahre heim. Ohne Jim.