Das Girly von der Post

Nachdem Spiegel-Online die ganze Woche mit seltsamen Artikeln über eine mir nicht näher bekannte Frau Hilton genervt hat, hat mich diese Schlagzeile etwas aus dem Konzept gebracht:

Briefmonopol: Paris blockiert Öffnung der Postmärkte

So weit ist es schon gekommen.

Orthographie erliegt Knut Fieber

Kürzlich wurde an dieser Stelle noch behauptet, dass der Spiegel eigene Orthographen beschäftige. Diese Behauptung ziehe ich zurück, denn auch der Spiegel hat den Kampf gegen das Deppenleerzeichen – entweder aufgegeben, oder verloren.

Hier das Zeugnis der Niederlage (vollst. Txt):

orthoknutfieber.jpg

(Erläuterung: Herr Wainstein ist stellvertretender Justizminister der Vereinigten Staaten von Amerika, nicht etwa Vizepräsident der USA und gleichzeitig deren Justizminister, oder was immer das Deppenleerzeichen suggerieren könnte.)

Knut Vorname Eisbär Eltern Namensfindung Scheißname, Teil 2

Wie schon berichtet und von Piranh@se vorausgesehen, ist das mit den Vornamen und den Eisbären eine gefährliche Sache. Insbesondere mit Eisbären, die sich nicht dagegen wehren können, dass man ihnen unterstellt, selbst ein Blog zu führen. Und Eisbären, die Gegenstand unzähliger Aprilscherze werden. Jedenfalls wird im Eisbären-Blog heute behauptet:

Und dabei ist der Name „Knut“ Spitze: 541 Berliner haben ihren Sohn „Knut“ getauft. Das sind mehr als 50 Prozent.

Fein.

Knut Vorname Eisbär Eltern Namensfindung Scheißname

Beim Recherchieren für einen learnmedia-Artikel über RSS-Feeds hab ich halbbewusst »Knut« bei del.icio.us eingegeben. Abgesehen davon, dass mir gleich auf der ersten Seite die fluffige Tagkombination aus dem Titel aufgefallen ist und ich das zum Anlass nehmen wollte, direkt auf den dazugehörigen Artikel bei Piranh@se hinzuweisen, bin ich erschrocken, dass ich selbst schon knutinfiziert bin. Und das obwohl ich das Thema gestern das erste Mal bewusst zur Kenntnis genommen habe. Ein Eisbär? So what. Aber so ist die Welt und die Menschen in ihr: Wer will schon immer über Klimawandel, Atomkraft, Rentenversicherungen oder Nichtraucherecken diskutieren? Manchmal will man’s auch niedlich und kuschelig haben.

Derlei Ruhm ist aber vergänglich. Wer erinnert sich noch an Sammy? Oder gar an Chopper? Selbst der schwarze Schwan verblasst neben Knut. Was kommt wohl als nächstes? Eigentlich wäre mal ein Insekt dran.

Ein Prosit, ein Prosit dem Feng Shui

gemutlichkeit.jpg

Beinah musste man dem Feng-Shui-Hype ja schon attestieren, auf dem absteigenden Ast zu sein. Aber jetzt habe ich dank Wikipedia herausgefunden, dass er einen unterschätzten Bruder hat, der es erlaubt, mit geeerbten Bildern mal so richtig oben auf der Welle mitzuschwimmen: Feng Shuis Bruder. (man beachte den „see also“-Eintrag ganz unten).

Gefunden habe ich das Beispiel übrigens in der höchst instruktiven Liste deutscher Lehnwörter in der englischen Wikipedia.

Vissen, das der Velt gevehlt hat

Mal wieder etwas aus der Wikipedia, der englischen diesmal. Und es zeigt, dass es sich lohnt, deutsch zu lernen:

Weltschmerz:
[…]
This word helped determine the 2006 Scripps National Spelling Bee Champion, with the runner-up, Finola Hackett of Canada, misspelling it by one letter in the 19th round, spelling it „Veltschmerz“ instead of „Weltschmerz“.

Hilfe bei chronische Powerpoint Schmerzen

Auf meiner derzeitigen Tournee durch Osnabrücker Arztstuben bin ich heute morgen in einem sehr aparten Wartezimmer gelandet. Neben einer »Patientenbibliothek« (schade, keine Wartezimmerlyrik aus der Therapiewarteschlange) sollte der leidend Wartende mittels einer Powerpoint-Präsentation, die unaufdringlich von einem Eckmonitor flimmerte, froh gestimmt und auf wundervoll wohltuende Behandlungsformen vorbereitet werden. Gemäß der beliebten Tradition gemütlicher Rätselheftrunden im Wartezimmer wurden außerdem ein paar orthographische Knobeleien eingebaut. Zum Beispiel ob sich die Stoßwelle aus der gleichnamigen Therapie denn nicht vielleicht doch als »Stosswelle« wohler fühlt, wie ziemlich genau jede zweite Folie suggerieren wollte. Der Höhepunkt aber eine Folie mit unter anderem folgendem Inhalt:

Sauerstoff Therapie, hilft bei

  • chronische Schmerzen,

Schön, schön, schön. Wenn’s hilft, soll’s ja egal sein. Aber! Das ganze ist mal wieder ein feines Beispiel dafür, dass Powerpoint den Grat zwischen Professionalität und Lächerlichkeit besonders schmal macht. Vor einiger Zeit mussten wir schon lernen, dass Powerpoint macht blöd. Um komplexe Argumente geht es hier nicht, aber darum, dass geschniegelte Form und sprachlich ungehobelter Inhalt weit auseinanderfallen. Dann lieber handgeschriebene Zettel, das hätte wenigstens Charme.

Mehr zum Thema: The Gettysburg Powerpoint Presentation von Peter Norvig.

Komma klar am, Valentinstag

Ach! Und Weh! Die Zeichensetzung. Welch garstig Kreuz bürdet unsere Muttersprache dem armen, gestressten, modernen Menschen auf. Auf tausend, ach millionen Dinge muss er achten, Tag für Tag und dann wird ihm auch noch abverlangt, kleine Strichlein aufs Papier zu bringen, an manchen Stellen ja, an anderen Stellen nicht, an anderen wiederum vielleicht. Wen wundert’s, wenn das schonmal schiefgeht, denn sicher hatte die RTL-Redaktion schon genug damit zu tun, sich die üblich hirnzermarternden Antwortalternativen auszudenken:

Valentinstag ist der Tag, der
a) Mütter
b) Liebenden

„wehtut“, wollte ich spontan entsetzt ergänzen, um den Holzwegsatz noch zu einem glücklichen und gerechten Ende zu bringen. Fleitepiepen.

Jetzt aber mal im Ernst. Wo zum Geier kommt der Beistrich her? Soll man unterstellen, dass jemand an einen Relativsatz gedacht hat? Oder dass RTL Orthographen beschäftigt, die nach dem Prinzip des tödlichen Witzes nur Wort für Wort entscheiden dürfen, ob ein Komma kommen kann? Oder ist es die Rache eines frustrierten Praktikanten, der sich in subtiler Weise gegen studipe Rätselfragen auflehnen wollte? Das wäre immerhin tröstlich.

Sprachökonomisch betrachtet sollte es eigentlich eher zu wenige als zu viele Kommata geben, denn wenn ich nicht sicher bin, ob ich zusätzlichen Aufwand treiben und beistreichen soll, dann lass ich’s doch sein. Aber ein ganzer Satz, so ganz ohne Komma? Da hilft das alte Diktatprinzip: Ach! Irgendwo wird schon eins hingehören; Augen zu und durch.

Der Trend zu überflüssigen Kommata in der Öffentlichkeit ist ungebrochen. Den Typ Pseudorelativsatz habe ich heute zum ersten mal wahrgenommen. Häufiger ist das Abtrennen jeglicher Linksextraktionen wie in:

Nach der Sendung, bitte anrufen.
Auf der Lauer, liegt ’ne kleine Katze.
Vor dem Gesetz, steht ein Türhüter.

Das wiederum ist gängige Praxis im Englischen, das ansonsten nicht durch klare und leicht erlernbare Kommaregeln glänzt. Sollte sich hier etwas einschleichen? Wer weiß.