Carrygeld: Jetzt viel einfacher und echt fresh

Früher gab es Wörter, die waren so schwierig zu schreiben, dass man sie reformieren musste, damit sie jetzt ganz einfach zu schreiben sind. Das Ding, in das man Geld tut, zum Beispiel. Genau, das gute altbackene Portemonnaie. Generationen von Diktatschreibern wurden damit gequält! Und wie schreibt man’s heute? Na?! Hätten Sie’s gewusst? Die vollkommen auf der Hand liegende Lösung ist mir heute in einem Internet-Forum untergekommen:

jau genau den zettel …. die sind schon im Portmoney … habs nich vergessen

Ist doch logisch! Und schon wirkt’s auch gar nicht mehr altbacken.

Möchten Sie Ihrer Rechtschreibung überprüfen?

Weil ich ja noch krankgeschrieben bin und sich eh tausend (in Worten: tausend) neue Mails in meinem Elektropostfach gestapelt haben, darf ich auch Spammails lesen. Das erheitert nämlich mitunter und Erheiterung ist gute Medizin, wie man sagt.

Also: Ingrid bietet mir eine Lösung für (oder gegen) Englischfehler an. Warum das beworbene Produkt »Weißer Rauch« heißt, bleibt nebulös, aber es hat sogar eine verdeutschte Webseite voller fröhlichmachender Aussagen.

»Wir verwandeln ihr einfaches Schreibvermögen in ein professionelleres«, heißt es da und das ist nicht irgendwas Spinnertes, sondern »rangiert auf Nr. 5 der 31 besten Geschäftsideen auf der Welt.« Wow! Was sind denn die noch besseren vier? Und wieso 31?

Egal! Das Produkt scheint jedenfalls absolut großartig zu sein. Es macht z.B. aus normalem Text aufgepusteten Text. In der Demo wird aus »our product line« wie von Zauberhand »our innovative product line«. Was wohl passiert, wenn man das aufgepustete Ergebnis immer wieder durch den weißen Rauch jagt? Aus einem winzigen, schwachen Informationskeim erwächst ein gigantisches Universum an »professionellem«, »wichtigem«, »konkurrenzfähigem«, »treffendem« und »auflebendem« Textgut.

Jetzt weiß ich auch, was Nr. 4 der 31 besten Geschäftsideen ist: Die Software, die aus diesen aufgetürmten Wortwolken den Informationskeim wieder herausfischt. Gar nicht dumm, die Spammer, heutzutage.

Drei Könige gehupft wie geguglt

Die Wikipedia informiert den Neugierigen natürlich auch über den guten alten Guglhupf. Dort ist dann unter anderem zu lesen:

Eine Legende besagt, dass die Heiligen Drei Könige auf ihrem Rückweg von Bethlehem das Elsass bereist hätten, wo sie herzlich empfangen wurden, und zum Dank hätten sie ihren Gastgebern einen Kuchen gebacken, angelehnt an ihren Turban – der Gugelhupf war geboren. Diese Theorie ist nicht unumstritten.

Der letzte Satz, denke ich, kann problemlos als Euphemismus bezeichnet werden.

Aus der Worterfinderwerkstatt

Wie’s scheint, habe ich kürzlich versehentlich das Wort »elektrosozial« erfunden. Das war mir nicht bewusst. Es war einfach da. Ganz so, als sei es schon immer dagewesen. Ohne dass ich hätte suchen müssen. Ich weiß noch: PeterLichts »Elektroreise« hatte ich im Ohr, an jenem Tag:

Lass uns ein Transportmittel nehmen
Und lass und hinfahrn fahrn fahrn
Wo’s schön is

Lass uns über die Berge fahren
Lass uns
Lass uns über die Berge fahren

Und irgendwann, irgendwann
Wiedersehn, Wiedersehn
Im Elektroland

Dem Wunder der biochemischen Forschung
Um mit den Engeln dem Wunder der biochemischen Forschung
Zuzuschaun
Zuzuschaun

Ja. Und dann war es da und stand da und war in der Welt. Und jetzt? Trage ich Verantwortung? Habe ich Rechte? Einsperren kann ich das Wort nicht, es erziehen, auf die raue Welt und die böse Konkurrenz vorbereiten. Dafür ist es zu spät. Einen bösen Bruder hat es sogar schon geboren: »elektroasozial«. Ich dachte eher an etwas Warmes. Und an die feine Ironie, die wir im virtUOS den anglizismendurstigen Marketing-Strategen entgegenzusetzen versuchen, indem wir jedes hippe »e« vor »Learning«, »Procurement«, »Logistics«, »Business« oder »Government« zu einem »elektro« verniedlichen bis verballhornen. Das ist nicht absichtlich brutal, wie DrNI meint, sondern reiner Selbstschutz.

Jedenfalls: Beobachten kann ich es, das kleine Wörtlein, das so kurz nach seiner Geburt schon ins Freie gestoßen wurde. Und weil ich immer schonmal ein unfassbar sinnvolles WordPress-Widget programmieren wollte, ist heute abend in nur 27 Minuten das »Google Hit Counter Widget« entstanden. Rechts könnt ihr es bewundern: Man aktiviere es, ziehe es in die Widget-Leiste und gebe ihm eine knappe Handvoll wundersamer Wörter mit. Die nimmt es brav und befragt das große Google-Orakel. Die Trefferanzahl wird dann schlicht und einfach ausgegeben. Also: Hier und wann-auch-immer kann ich überprüfen, wie es dem Elektrosozialen an sich ergeht. Wächst es, findet es Freunde und wird es stark und selbständig? Oder verkümmert es im freien Kampf der besten Ideen und treffendesten Wörter? Wir werden sehen und berichten regelmäßig an dieser Stelle. Stand heute, 1. September 2007: 10 Treffer. Alle hier, im Wortistik-Blog und daraus zitierenden Quellen.

Ach ja: Falls jemand glaubt, das Widget sei es wert, verallgemeinert und veröffentlicht zu werden, dann hilft ein Kommentar an dieser Stelle. Ideen, Zustimmung und Ablehnung in den Köpfen kann Google nämlich noch nicht erfassen.

Der Quantifikatoren Gier

Irgendwie bin ich vorhin ausnahmsweise mal in der deutschen PHP-Hilfe gelandet und dabei über einen Satz gestolpert, von dem ich glaube, dass er verdeutlicht, warum normale Menschen Programmierer bisweilen für seltsame Menschen halten:

Dieser Modifikator kehrt die Gier von Quantifikatoren um, sodass sie standardmäßig nicht gierig sind, aber gierig werden, wenn ihnen ein „?“ folgt.

Und dabei ist doch völlig klar, was gemeint ist. Warum auch sollten Quantifikatoren Eigenschaften wie Gier oder Zufriedenheit, Freundlichkeit oder Zorn abgesprochen werden? Und, seien wir doch mal ehrlich zu uns selbst: Werden wir nicht alle gierig, wenn uns ein „?“ folgt?

Heute schon von morgen trinken

Tobias mit Poster

Dieses zugegebenermaßen qualitativ minderenthusiasmierende Bild des Autors bot kürzlich Anlass zu der Frage: »Sag mal, dieses rote Poster, gibt’s das auch auf deutsch?«. Der routinierte Theleprompt-Leser ahnt schon die bittere Wahrheit: Das Poster IST auf deutsch. CeBit 2005. Das ebenso deutsche Motto: »Get the spirit of tomorrow.« Also sowas wie: »Bekomme den Sprit von morgen.« Prost!

Der Höllen Engel Sinnsprüche auf Ecstasy

Das Projekt Deutscher Wortschatz ist sozusagen die blinde Botanisiertrommel im deutschen Wörterwald (im Gegensatz zur intelligenten Botanisiertrommel Lothar Lemnitzers). Ein Ansatz mit Potenzial und nicht unergiebiger Akribie. Wie sonst sollten wir vom Hundebratverbot wissen?

Ein Feld hat sich aber in die Datenbank gemogelt, das sinnhaften Inhaltes schlicht entbehrt. Zunächst habe ich es noch für ein Kuriosum, eine Laune der Natur oder einen nichtabggeräumten Aprilscherz gehalten, dass das gute alte akademische »Diktum« dem bekannten wie beliebten Sachgebiet »Hells-Angels-Gebäude« zugeordnet wurde. Wer erinnert sich nicht gern an den Großen Preis und die dramatische Stille nach der Wahl »Ich nehme Hells-Angels-Gebäude 100«?

Ein näherer Blick brachte zutage, dass in nämlicher Kategorie ausnahmslos Schwachsinn gestapelt zu werden schein. Hier eine Tabelle zufällig in den Sinn gekommener Wörter:

Wort Sachgebiet
Diktum Hells-Angels-Gebäude
Motto südeuropäischen Hengge-Arons (???)
Sinnspruch Vietnamkrieges
Waldschrat Hellas-Reisen
Browser Henry-Jerome-Band
Napalm überzeichnet
Genitalien Clement
Brandopfer Henkel-Team
Harnisch gut integriert
Schutzbrille Hepatitis-ähnliche

Ich schwöre: Die Auswahl ist komplett zufällig. Probiert es selbst!

Mit dem Bötchen übers Mörchen

Bei einer spontanen Kurzdiskussion über graphotaktische Restriktionen der deutschen Orthographie (nämlich der, dass nur <aa>, <ee> und <oo> als Doppelvokalgrapheme zulässig sind) leuchtete uns allen sofort ein, dass der Diminuitiv von <Moor> nur <Mörchen> sein könne. So wie <Bötchen> zu <Boot> und <Pärchen> zu <Paar>. Heute musste ich allerdings feststellen, dass das Wort <Mörchen> ziemlich ungebräuchlich ist. Das Projekt Deutscher Wortschatz, wo man ja sogar das allseits beliebte Hundebratverbot belegt findet, kennt es nur als Fehlschreibung zu den leckeren <Möhrchen>, der Duden weiß nichts darüber und selbst Google findet nur sehr wenig Einschlägiges. Immerhin: In Bevergern gibt es die Straße Am Mörchen. Man sieht: Auf Bevergern ist Verlass! Und jetzt geh ich ein Mörchenhühnchen schießen.