First Impressions: Election Party and Roundtable Discussion

Wie hier und hier in den Uni-Blogs angekündigt, lud das Institut für Anglistik und Amerikanistik heute abend zur Wahlparty mit mehr oder minder akademischer Diskussion in die Stadtgalerie. Ob der angekündigte Beginn um 21.30 eher im Sinne einer Partyeinladung zu verstehen ist (also besser nicht vor 23 Uhr aufkreuzen) oder eher wie bei einem Votragsabend (also möglichst pünktlich sein), ist vorab nicht auszumachen. Also entscheide ich mich für das gute alte akademische Viertel und muss feststellen, dass in der bestens gefüllten Stadtgalerie Sitzplätze schon aus sind.

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Nach kurzer herzlicher Begrüßungsrunde geht’s schnell los mit der „round-table discussion“, der zwar ein runder Tisch, aber weder Laune noch rege Beteiligung des Publikums fehlen. Interessant: Unter den anwesenden Anglisten finden sich gleich mehrere offensichtlich erfolgreiche Debating-Club-Champions, die die Kunst perfekt beherrschen, die Grenzen zwischen Frage, flammender Rede und Filibuster zerfließen zu lassen. Entflammend aber auch das Podium: Meinung und Entertainment wohlausgewogen, viel Sachverstand und Persönliches bei den fünf spätestens nach dieser Runde ausgewiesenen Experten.

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Zur Sache: Die Sympathien bei Publikum und Podium sind klar auf einen der beiden Kandidaten vereint, höchstens schwingt die Befürchtung mit, dass zu viel Sicherheit der eigenen Anhänger Obama noch den Sieg kosten könne. Keine hitzigen Diskussionen also zwischen Parteilagern. Der trotzdem muntere Schlagabtausch lässt aber gar nicht erst das bleierne Gefühl einer inszeniert herablassenden Podiumsdiskussion aufkommen, sondern bringt spannende Gespräche auf Augenhöhe. Ein Eindruck, den das neu aufgestellte Insitut für Anglistik und Amerikanistik mit seiner engagierten Studierendenschar in letzter Zeit überraschend und erfreulich häufig aufkommen lässt. Es überwiegen Schilderungen persönlicher Eindrücke, die aber immer zu den großen Fragen zurück führen: Wie füllen die USA ihre Vorbildrolle („for good or for worse“), ihre Supermachtrolle politisch und kulturell aus?

Entsprechend dann auch die aus meiner Sicht spannendste Frage von Peter Schneck: Haben wir in den letzten Wochen und Monaten eine ganz neue Form einer Campaign („Wahlkampf“ trifft es wohl nicht ganz) gesehen? Führen die massiv genutzten und massiv wirkenden Web-2.0-Communities (Blogs, YouTube, Facebook werden genannt) zu einer Globalisierung der US-amerikanischen Präsidentenwahl? Von deutschen Studierenden, die für Obama gespendet haben, ist die Rede; von der Niederlage Hillarys, die verloren habe, als sie Obama-Anhänger als „they’re just facebook“ abzukanzeln versuchte. „Country first“ als Maxime der Supermacht-Präsidentenwahl ade? So ganz will das Podium der Provokation nicht folgen, aber deutlich wird: Internet-Öffentlichkeit matters. Und zwar allein, weil sie (oberflächlich betrachtet?) ungesteuert und partizipativ funktioniere – eben das, was mit „Web 2.0“ beschlagwortet wird. Das wohl schon jetzt legendär zu nennende Yes-We-Can-Video ist da nur eine Spitze des Eisbergs, die jeweils sofort ausgewälzten (vermeintlichen) Fehltritte und Peinlichkeiten aller Beteiligten eine andere, vielleicht auch das Obama-Girl – und das über 15 Millionen mal personalisierte Video („deine fehlende Stimme ist schuld, dass Obama nicht gewählt wurde“) wohl die innovativste.

Ich finde die Frage höchst spannend: Was könnte mich als Bundesrepublikaner dazu bewegen, für einen amerikanischen Präsidentschaftskandidaten zu spenden? Die genannten Pro-Argumente: Von den Konsequenzen dieser Wahl bin auch ich betroffen. Mitwählen kann ich nicht, aber offensichtlich auf andere Weise Einfluss nehmen: Geld spenden (was selbstverständlich außerordentlich viele wahlethische Fragen aufwirft, aber in der medialen Beurteilung der Obama-Spendenflut spielte neben der exorbitanten Summe auch immer eine Rolle: Es waren sehr viele kleine private Spenden), You-Tube-Videos produzieren, Facebook-Propaganda betreiben, relevant bloggen. Was heißt das für das Gesamtkonzept Demokratie? Was heißt das für uns als Deutsche und für zukünftige deutsche „Campaigns“? Oder ist das ganze Internet-Bohei letztendlich doch irrelevant? Die Diskussion ist sicher noch nicht abgeschlossen.

Um 11 ein Break bis die ersten Resulate einlaufen würden. Überall wird angeregt diskutiert, aber ich muss kurz darauf leider gehen: Der heutige Vortrag bereitet sich nicht von allein vor.

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Vielen Dank an die Organisatoren für tolles Flair, vielen Dank an das Institut für Anglistik und Amerikanistik, dafür, aus dem Event ein öffentliches zu machen. Der heutige Abend ist ein hervorragendes Beispiel und Vorbild für ein Fach, das sich öffnet, eine Universität, die sich selbst nicht fremd wird und die die Öffentlichkeit nicht nur nicht aussperrt, sondern geradezu sucht. Ähnliches ist in den öffentlichen Seminarblogs gerade hier, hier, hier und hier zu beobachten.

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Aus Tradition so tun als ob. Universitäre Selbstbehauptungen.

2004 war es noch Spaß. Da haben im Auftrag der ZEIT drei Werbeagenturen so getan, als ob deutsche Hochschulen so etwas wie Unternehmen seien. Die müssten sich dann ja auch mit werberischen Mitteln auf einem Markt behaupten. Und griffig sein. Heraus kam Putziges: Deutschlands härteste Denkschule für die Uni Witten/Herdecke, „Raus aus der Masse“ für die Uni Münster und „Kommt zusammen!“ für die FU Berlin.

Mittlerweile ist es Ernst.  Das Scholz&Friends-polierte Leuphana-Beispiel samt Video-Satire kennt natürlich mittlerweile jeder. Jetzt rüstet der Rest der Republik nach.

Hochschulen werden Marken. Eine ordentlich Marke braucht natürlich einen Claim. Ihr wisst schon: „Fielmann – mit den Zweiten sieht man besser“, „Opel – die tun was“, „Miele weiß, was Frauen wünschen“. Und so weiter. Eben etwas, das die Marke ins Gehirn brennt.

In den letzten Wochen sind mir gleich mehrere neuere und ältere Claims deutscher Hochschulen über den Weg gelaufen:

Universität zu Köln
Gute Ideen. Seit 1388.
(scheint bislang hauptsächlich in Stellenanzeigen verwendet zu werden)
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
wissen.leben
(mit drolligen Subclaims wie wissen.leben.campus, wissen.leben.sehen, wissen.leben.wir oder wissen.leben.award. Was steht dann wohl an den Toiletten?)
Universität Rostock
Oben angekommen.
(Hart an der Grenze zum Kalauer)
Universität Hamburg
Tor zur Welt der Wissenschaft.
(Sehr staatsmännisch und hanseatisch seriös. Aber langweilig.)
Universität Paderborn
Die Universität der Informationsgesellschaft.
(Ja, wenn die’s sagen… Aber weiß das auch die Informationsgesellschaft?)
WHU Otto Beisheim School of Management
Excellence in Management Education.
(Nichts anders hätte ich da erwartet.)
Universität Duisburg-Essen
Wissenschaft an Rhein und Ruhr.
(Sehr sinnig und irgendwie … treffend.)
Technische Universität München
TUM. Die unternehmerische Universität.
(Huch?! Warum das? Wer unternimmt denn da?)
Technische Universität Dresden
Wissen schafft Brücken.
(Auch kalauergefährdet. Und angesichts der Waldschlösschenbrücken-Sache nicht so richtig positiv besetzt.)
Universität Leipzig
Aus Tradition Grenzen überschreiten
(Find ich pfiffig. Aber eine schöne Story ist auch: KEine Geschichte mit Zukunft.)

Fazit: Kein klarer Trend auszumachen. Wortspielerische, regionale und blödsinnige Vorschläge halten sich irgendwie die Waage. Sicher gibt es aber noch einige mehr. Hat jemand Hinweise auf hier fehlende Hochschul-Claims?

Und was ist eigentlich mit unserer schönen Universität Osnabrück, die weder Claim noch schmückenden Namen hat? Vielleicht bodenständig-handfest „Die gelbe Uni mit dem roten Dach“? Oder lieber was Schwammiges Hintergründiges wie „Überraschend durchdacht“? Ein anderer, herrlich ehrlicher Vorschlag wurde ja leider schon früher abgelehnt.