Blogstreik und Publikumsbeschimpfung

Sie werden kein Blog sehen.
Ihre Schaulust wird nicht befriedigt werden.
Sie werden keinen Schreiber sehen.
Hier wird nicht geschrieben werden.

Thēleprompt streikt. Ab sofort.

Dieses Blog hat mittlerweile 209 Beiträge, dessen erfolgreichster bald 6.000 mal aufgerufen wurde, ca. 250 Besucher am Tag und, rate mal: Wieviele Kommentare so ganz insgesamt? 205. Das ist skandalös. Die Besucher bekommen hier höchstwertigen Content und können nichtmal ein zustimmendes Grunzen hinterlassen. Wenn ich explizit zu Kommentaren aufrufe, landen 10 Mails in meinem Postfach und 5 Kollegen stehen in meinem Büro und kommentieren. Dafür brauchen wir keine Uniblogs.

Ich streike also. Mindestens, bis die Zahl der Kommentare die der Beiträge wieder übersteigt. Das ist nicht sooo schwer, liebe Leserinnen und Leser.

Ach ja, Kommentaranreiz: Wer entdeckt die literarische Anspielung in diesem Beitrag?

Stud.IP mit HAL-Effekt

Heute morgen um 8 haben wir mit der Umstellung der Stud.IP-Installation der Uni Osnabrück auf die aktuelle Release-Version begonnen. Das ist ein größerer Akt, weil wir in den vergangenen Jahren wegen erheblicher Sonderanforderungen bei Veranstaltungs- und Raumverwaltung eine Osnabrück-spezifische Version gepflegt haben, in die nur teilweise die Weiterentwicklungen der Stud.IP-Community eingeflossen sind. Jetzt aber sind wir zurück auf dem breiten Pfad derer, die topaktuelle Versionen einsetzen. In Zukunft können wir öfter, schneller und einfacher updaten.

Das allermeiste ist gutgegangen, nach monatelangen Tests und Vorbereitungen war das auch zu erwarten. Ein bisschen hat sich unser gutes altes Stud.IP aber gewehrt. Wie HAL, der nach und nach abgeschaltet wurde, fiel es zurück in kindliche Entwicklungsstufen, wie folgende Zwischendurch-Fehlermeldung beweist:

Stud.IP wehrt sich gegen Update mit Grundschulproblemen

Podcast-University: Rapid eLearning im Medizinstudium an der Charité

Joachim Plener von der Charité-Universitätsmedizin Berlin berichtet über Podcasts im Hörssal. Die Charité in Berlin ist über weit auseinanderliegende Campi in der Stadt verteilt, das Studium hat einen hohen Anteil an Vorlesungen und allgemein hat die Lehre in der Medizin gegenüber Klinik und Forschung einen vergleichsweise geringen Stellenwert. All diese Voraussetzungen haben den Entschluss gefördert, Vorlesungsinhalte verstärkt digitalisiert zur Verfügung zu stellen.

Die Charité setzt auf kommerzielle Tools wie Blackboard und Confluence und leistet sich nur eine sehr kleine E-Learning-Einrichtung. Daraus folgt: Dozenten sollen die Rolle des Produzenten weitgehend selbst übernehmen. Nicht die Hörsäle werden technisch ausgestattet, sondern drei eine mobile Aufnahmestationen werden durch die Gegend getragen. Auf den Laptops läuft Powerpoint mit Camtasia, Mikrofone werden mitgeliefert, Videoaufzeichnungen sind nicht vorgesehen. Eine komplette Aufnahmestation kostet ca. 1700€.

Ergebnis des Produktionsprozesses ist eine von Camtasia produzierte Flash-Anwendung, die Inhaltsverzeichnis über die einzelnen Episoden und Download-Möglichkeiten z.B. für den iPod bietet. Technisch funktioniert das gut, die Akzeptanz ist erfreulich und einzelne Klinken nutzen die Angebote schon sehr weitgehend.

In der Praxis seien aber ein paar Probleme offensichtlich geworden:

  • 90-Minuten-Episoden sind zu lang. Die Aufmerksamkeitsspanne am Rechner oder iPod ist typischerweise kürzer.
  • Zwischenfragen sind schwierig zu verstehen, müssen wiederholt werden, was den üblichen Fluss der Vorlesung stört.
  • Die meisten Dozenten wollen die Aufzeichnungen nicht veröffentlichen. Copyright-, Patientenrecht- und Datenschutz-spielen dabei eine große Rolle.

Die Erfahrungen haben dazu geführt, dass podcastgerechtere Formate erprobt und angeboten werden. Besonders erfolgversprechend seien folgende Eigenschaften:

  • Länge 20 bis maximal 40 Minuten
  • Thematische Fokussierung (Microlearning), dadurch leichter wiederverwendbar
  • Kein reines Audio, sondern auch Folien.
  • Radioähnliche Formen – direkte Ansprache, eingestreute Interviews etc

Gutes Beispiel sei dafür: Die Vorlesungen von Prof. Dr. Achim Schneider. In Zukunft sollen eine Mediendatenbank und ein PodcastPortal das Angebot der Charité abrunden.

In der Diskussion wird die Frage aufgeworfen, ob man auf Videoaufzeichnung tatsächlich verzichten kann. Alles, was nicht auf dem Rechner passiert (Tafel, Experimente) kann nicht erfasst werden. Sind Tablet-PCs eventuell eine Alternative? Joachim Plener führt aus, dass in solchen Fällen ein aufwendigerer Nachbereitungsprozess (z.B. Einfügen von parallel gefilmten Videos) nötig, aber auch möglich ist.

In den Vorlesungen von Herrn Schneider hätten sich verändert: Er setzt die Kenntnis der kleinen Episoden voraus und kann seine Veranstaltungen anders fokussieren.

media2mult: virtUOS-Projekt als Titelthema in der c’t

„PDF aus dem Wiki“ steht auf der Titelseite der aktuellen c’t 18/2008 (ab morgen im Handel). Dahinter verbirgt sich ein gleich fünfseitiger Artikel von Martin Gieseking und Oliver Vornberger über ein Projekt des Zentrums für Informationsmanagement und virtuelle Lehre der Uni Osnabrück. Die Ursprünge reichen zu der Frage zurück: Wie entsteht eigentlich optimalerweise ein Vorlesungsskript, das zugleich auch online verfügbar ist? Prof. Vornberger hatte dazu bereits seit langem mit einem Konvertierungssystem namens mas2tex experimentiert: Aus einer einzigen und relativ simplen Auszeichnungssprache werden mit hohem Qualitätsanspruch Online- und Offline-Inhalte generiert. media2mult – der Name des neuen, Wiki-basierten Systems – vereinfacht die Erstellung nochmals und eröffnet neue Möglichkeiten.

Klar, LaTeX, Word und Konsorten können auch HTML oder PDF oder anderes generieren. Aber dabei wird zumeist nur eine kleine Teilmenge der jeweiligen Möglichkeiten unterstützt. Online-Inhalte bieten: Aktive Links, Multimedia-Elemente wie Videos und Audios oder gar interaktive Elemente wie Formulare, Gästebücher, Notizbuchfunktionen. Gute druckbare Dokumente haben ein professionelles seitenbasiertes Layout, ein automatisch generiertes Inhaltsverzeichnis und andere Referenzen und Querverweise. Der Clou bei media2mult liegt in medienabhängigen Konvertierungsroutinen. Ein eingebundenes Video wird im Web als Video, im Druck als Vorschaubild ausgegeben, eine per gnuplot beschriebene Funktion live und in der richtigen Auslösung geplottet, eine Audiodatei wird für den Druck mit einem beschreibenden Ersatztext ersetzt.

Das epolos-Teilprojekt „Autorensysteme“ hat im virtUOS eine lange Geschichte. Bereits 2002 haben wir darüber diskutiert: Wie wollen und können Lehrende möglichst einfach aber gleichzeitig flexibel Vorlesungsskripte erstellen und immer wieder überarbeiten? Ein Diskussionskern: WYSIWYG oder nicht? Kann man Dozenten zumuten, XML zu schreiben? Herausgekommen ist ein entschiedenes Jein! Wikis im Sinne simpler Conten-Management-Systeme bieten eine schnelle Vorschau, sind aber im Bearbeitungsmodus an eine einfache und logische Auszeichnungssprache gebunden. XML ist daraus leicht ableitbar, wird aber nicht von den Autoren selbst geschrieben.

So ist mittlerweile ein großer Zoo an Wiki- und media2mult-Anwendungen entstanden. Unser bevorzugtes Wiki-System ist PmWiki – trivial zu installieren, einfach zu erweitern und umfassend gestaltbar. Große E-Learning-Projekte wie English Language and Linguistics Online (ELLO) oder Mediale Produktion (Medida-Prix-Finalist 2008)  verwenden PmWiki, ebenso die virtUOS-Webseite, die Stud.IP-Online-Hilfe, die Wikifarm für die 140 allgemeinbildenden Schulen in Stadt- und Landkreis Osnabrück. Für alle gilt: Primär sind die Angebote für das Web gedacht und mit interaktiven Features angereichert. Suchfunktionen, interaktive Quizzes und Fragen zur Selbstüberprüfung, enge Anbindung an Stud.IP mit Rechtekontrolle. Aber dank media2mult können all diese Angebote auf einen Klick auf ein attraktives PDF-Dokument generieren. Oder einen HTML-Baum, der auch eine CD-Rom gepresst werden kann. Oder, oder, oder: Die Grenzen der Phantasie sind hier längst noch nicht ausgelotet.

Auch der umgekehrte Weg ist erfolgreich: Manchmal steht das gedruckte Produkt als Ziel im Vordergrund, auf dem Weg dahin sind aber viele Autoren beteiligt. Das Stud.IP-Dozentenhandbuch ist von Dutzenden Autoren in einem Wiki erstellt worden. In vielen Seminaren und anderen Lehrveranstaltungen an Uni und FH Osnabrück  werden die Studienarbeiten im Wiki erarbeitet und dann auf Knopfdruck in ansprechendem Drucksatz ausgeworfen. An Schulen beginnen derzeit die ersten Schülerinnen und Schüler, Ihre Studienarbeit im Wiki zu schreiben. Dadurch können Lehrer besser und früher coachen und Tipps geben und das Endergebnis ist fertig, wenn der Text fertig ist: Kein Rumfummeln mit Word und Co. in einer durchgemachten Nacht vor Abgabeschluss.

Cross-Media-Publishing wird durch die Verbindung von Wiki und media2mult-Konvertierungswerkzeugen auf eine neue Ebene gehoben. Nicht mehr die kleinste gemeinsame Teilmenge der Medien wird bestimmend, sondern die Autoren können mit einem Quelldokument die Möglichkeiten optimal ausnutzen. Das Basisprinzip Wiki macht zudem schon den Erstellungsprozess flexibler: Viele können mitarbeiten und das im Wachsen begriffene Dokument ist gleichzeitig eine Web- und E-Learning-Anwendung. Diese Vielfalt erfordert aber auch sorgfältige Planung und Steuerung. Die Erfahrungen zeigen: Für fast jedes Szenario lassen sich gute und einfach handhabbare Lösungen mit wenig Aufwand umsetzen.

myUOS: Studierendenportal der Uni Osnabrück startet demnächst

„Wo finde ich eigentlich…“ ist eine der häufigsten Fragen von Studienanfängern und auch von manchem alten Hasen. Das gilt auch für elektronische Dienste. Stud.IP, Webmail, Prüfungsanmeldung, Bibliothekszugang – bei der Fülle an Angeboten kann man sich schonmal verlaufen.

Diese, aber nicht nur diese Frage geht das Studierendenportal myUOS an, das demnächst offiziell an den Start geht. Es bündelt vorhandene elektronische Dienste zu einem Portal, an dem ich mich nur einmal anmelden muss und dass mir auf der Startseite die wichtigsten Informationen zusammengefasst anzeigt. Wer möchte, kann sich diese Startseite individuell gestalten.

Seit mehreren Wochen testen Studierende verschiedener Fachbereiche das Portal, nachdem wir die Fachschaften angeschrieben und um Mithilfe gebeten haben. Die Rückmeldungen sind hilfreich kritisch und im Großen und Ganzen sehr positiv. Auch die Vorstellung des Portals in der Kommission für Information und Kommunikation (KIK) verlief erfolgreich. Das heißt: Bald kann es losgehen.

Natürlich freut es uns, wenn das Interesse so groß ist. Aber wir müssen noch ein klein wenig um Geduld bitten. Zwei bis drei technische Problemchen, die beim Umzug auf den Produktivserver aufgetaucht sind, müssen noch bereinigt werden und die wertvollen Anmerkungen der bisherigen Tester müssen noch in Hilfe- und Hinweistexte einfließen. All diejenigen, deren Neugier und Hilfsbereitschaft aber nicht mehr warten kann (und die über einen Uni-Osnabrück-Account verfügen), können sich an kursmanager@uni-osnabrueck.de wenden und einen Zugang als Betatester bekommen.

P.S.: Von gestern bis heute war für ca. 30 Stunden die Beschränkung auf eingetragene Beta-Tester deaktiviert, damit die Mitglieder der KIK Gelegenheit haben, sich selbst ein Bild von myUOS zu machen. Mittlerweile ist die Beschränkung wieder eingeschaltet.

Firefox traut deutschen Unis nicht

Firefox 3 ist da. Feine neue Funktionen und willkommene optische Auffrischung. Für den Einsatz im Umfeld von Forschung und Lehre in Deutschland ist er aber ungeeignet.

Weshalb? Die Reaktion auf ungültige bzw. nicht vertrauenswürdige SSL-Zertifikate wurde – wie schon bei Microsofts Internet Explorer 7 – drastisch verschärft. Bekam der Nutzer früher bei  unbekannten oder falschen Zertifikaten nur eine Warnung angezeigt, die relativ leicht wegzuklicken war, gibt es jetzt eine dramatisch daherkommende Fehlermeldung zu sehen:

Firefox 3 Sicherheitswarnung Stud.IP

Das sieht sehr technisch aus. „sec_error_untrusted_issuer“. Sowas macht Nutzern Angst und riecht meilenweit nach: „Da ist was kaputt!“ Die Lösung wäre: Hinzufügen einer Ausnahme oder Import des richtigen Wurzelzertifikats. Das ist aber für technisch Ängstliche oder Unsichere etwas, das gefährlich und unseriös wirkt und außerdem sind noch 5 Klicks dafür nötig.

Betroffen sind nahezu alle gesicherten Webangebote deutscher Hochschulen und wissenschaftlicher Einrichtungen. Fragt man sich also: Warum passiert das? Warum sind die Unis nicht in der Lage, ordentliche Zertifikate zu benutzen?

Personalisierte Webdienste verschlüsseln in der Regel die Verbindung. Man erkennt das an dem https:// anstelle von http:// in der Adresszeile und einem Schloss, gelb gefärbter Adresszeile u.ä. in ihrem Browser. Verschlüsselte Verbindungen zu benutzen ist etwas sehr Sinnvolles und Wichtiges. Welchen Weg meine Daten von meinem Browser zum Webserver und zurück nehmen, habe ich nicht unter Kontrolle und kann den Rechnern und Leitungen dazwischen nicht vertrauen. Damit niemand mitlauschen, mein Passwort abfangen, in meinem Namen Unug treiben oder meine Daten und Kommunikation ausspähen kann, unterhalten sich Browser und Server also in einer Geheimsprache. Unverschlüsselt surfen ist wie Postkarten verschicken.

Im bösen Internet könnte sich jetzt aber unterwegs ein Server dazwischensetzen und so tun als wenn er meine Uni oder meine Bank wäre. Mit mir und dem Server handelt er jeweils getrennt die Verschlüsselung aus und kann als „man in the middle“ unbemerkt mitlauschen. Damit das nicht passieren kann, will ich wissen: Ist das da wirklich meine Uni? Ist das wirklich meine Bank? Kann ich dem Webserver vertrauen?

Die Frage nach dem Vertrauen führt zu den Zertifikaten. Wenn mir das auf sicherem Weg übermittelt wurde (z.B. durch persönliche Übergabe), kann ich es mit dem vom Server behaupteten vergleichen und sicher gehen: Ja, Identität stimmt. In der Regel werden Zertifikate aber nicht auf sicherem Wege übermittelt. Ich kenne Herrn Ebay ja gar nicht persönlich und Frau Sparkasse ebensowenig.

Also steht im Zertifikat meiner Uni drin: „Wenn du mir nicht glaubst, frag doch den DFN-Verein, der kennt mich und hat bei mir unterschrieben.“ Der DFN-Verein kümmert sich um das Deutsche Forschungsnetz, dem alle Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen angeschlossen sind. Mein Browser kennt aber das Zertifikat vom DFN-Verein auch nicht und muss achselzuckend sagen: „Schön, dass ihr euch kennt, aber DFN-Verein sagt mir nichts.“ Also der Hinweis: „Dann frag doch die Deutsche Telekom, die kennt den DFN-Verein und hat hier unterschrieben.“

Das Telekom-Zertifikat ist ein so genanntes Wurzelzertifikat. Mein Browser sollte es von Hause aus kennen. Der Internet Explorer 7 tut das auch: Keine Fehlermeldungen beim Aufruf verschlüsselter Uni-Angebote also.

Der Firefox kennt das Zertifikat aber nicht. Früher nicht und heute auch nicht. Man kann jetzt lange orakeln, wessen Schuld das ist: Jedenfalls versucht die Telekom seit mehr als einem Jahr die Anerkennung und Aufnahme ihres Zertifikates durch Firefox bzw. die Mozilla Foundation zu erreichen. Der ganze Vorgang ist öffentlich und im Mozilla-Bugtracker in allen Einzelheiten nachzulesen: https://bugzilla.mozilla.org/show_bug.cgi?id=378882

Das Fazit muss also leider lauten: Firefox 3 wird für Unis teuer und für Studierende und Lehrende ein Ärgernis. Jedes Rechenzentrum schreibt wieder Anleitungen dazu, wie die Zertifikate in den Browser importiert werden können. Und bei unserem Support laufen die Telefone und E-Mail-Postfächer heiß: „Stud.IP ist kaputt. Mein Browser zeigt nur noch Fehler an.“